Die erste große Emigrationswelle aus Böhmen gab es im 17. Jahrhundert. Nach der Niederlage der protestantischen Stände am Weißen Berg (bei Prag) 1620 mußten deutsche und tschechische Protestanten das Land verlassen, unter ihnen auch Comenius und viele Angehörige der geistigen Elite des Landes.¹
Nur in bezug auf Schlesien waren als einzigem Territorium unter den habsburgischen Erblanden gewisse Garantierechte des Protestantismus in Münster und Osnabrück besiegelt worden.² Nachdem Friedrich II. im Jahr 1749 den böhmischen Reformierten auf ihre Bitte hin Aufnahme in seinem Staate zugesichert hatte, überließ er ihnen in der Gegend von Münsterberg Land zur Ansiedlung. Die Böhmen gingen weiter nach Strehlen und gründeten die Kolonie Hussinitz (Hussinetz) nach ihrer früheren Bezeichnung: Hussiten.³
Weitere Siedler folgten, weitere Dörfer mußten gegründet werden. Östlich von Oppeln entstand im Kreis Groß Strehlitz, im Fichtenwald, die Siedlung Friedrichsgrätz. Benannt nach dem König von Preußen „Friedrich des Großen“ (1740-1786 Friedrich II.), der die Gründungsurkunde am 25. Sept. 1752 unterzeichnete.
Der junge Pfarrer (Pastor) Peter Schikora aus Hussinetz kommt 1821 nach Friedrichsgrätz. Er erkennt die Not der Überbevölkerung von Friedrichsgrätz und bemühte sich um eine neue Siedlung im Himmelwitzer Wald.
Am 26. Aug. 1832 wird auf Betreiben des Pastors die Kolonie Petergrätz gegründet. Sie besteht aus 60 Familien (Einwohnern) der Kolonie Friedrichsgrätz. Aus Dankbarkeit für seine Verdienste um die Gründung der Kolonie gab man derselben nach seinem Vornamen Peter und dem im böhmischenStammlande bei Ortsnamen beliebten Beiworte Hradec = Hort = Grätz den Namen Petersgrätz. Das Ortssiegel weist eine Tanne mit einer daraufsitzenden Meise (Schikora) auf.(4)
Am 19. Okt. 1837 verstarb der vierzigjährige Pastor Peter Schikora. Sein Grab ist eines der letzten Zeugnisse aus der Zeit vor 1945 in Schlesien. Es befindet sich in Friedrichsgrätz und wurde im Jahre 2000 von den Nachfahren der Dorfgründer restauriert. Aus Anlass seines 170. Todestages am 19. Okt. 2007 organisierte der Förderverein Petersgrätz e.V. ein Gedenken am Grab in Friedrichsgrätz/Grodziec, eine Gedenkfeier in der Kirche in Petersgrätz/Piotrówka. Nach der Feierstunde wurde eine Gedenktafel, die rechts am Kircheneingang angebracht ist, gesegnet. Auf dieser steht der Text in drei Sprachen – tschechisch/deutsch/polnisch – zum Leben u. Wirken des Dorfgründers, dem nun gedacht werden kann.
Literaturverzeichnis
1 BRÜCKE-MOST-STIFTUNG: Ausstellungskatalog. „Wo ist meine Heimat…“,S 77, Dresden/Prag, 1999.
2 GEHL, Günter: Der Frieden von Münster u. Osnabrück. S. 51, 1999.
3 BARTSCH, Heinrich: Geschichte Schlesiens. S. 164 ff, 1985.
4 KARLICZEK, Karl: Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Gemeinde Petersgrätz. S. 5, 1932.