Reisebericht Petersgrätz
Mein Name ist Manuela Lentsch geb Utikal. Schon als Kind fand ich meinen Namen interessant. Er klang so anders, okay, manchmal fragten die Leute zwei Mal. Wie ist Dein Name? Wo kommt er her? Was bedeutet er?
Ich erfuhr, dass der Name Utikal so viel wie „schnell laufen, weg laufen“ bedeutet. Und aus dem Böhmischen stammt.
Lange Jahre gab ich mich mit dieser Information zufrieden. Hintergründe interessierten mich noch nicht.
Aber seit ca 3 Jahren beschäftige ich mich mit Ahnenforschung.
Leider habe ich als Kind meinen Großeltern nicht die Fragen gestellt, die ich jetzt habe.
Auch haben sie wenig aus ihrem Leben und vor allem nicht über die Vertreibung und den Krieg gesprochen.
Ich habe auch leider keine Bilder von meinen Vorfahren.
Ich erfuhr, das die „Utikals“ sogenannte Glaubensflüchtlinge waren. Sie kamen aus Böhmen und flüchteten nach Schlesien. Und irgendwann kamen sie nach Hussinetz, Petersgrätz und später nach Schweidnitz.
Meine Neugier war geweckt.
Petersgrätz liegt ca. 2,5 Autofahrstunden von Görlitz entfernt. Ich wollte unbedingt sehen, wo meine Großeltern, Urgroßeltern und Ururgroßeltern lebten.
Ich fing an zu recherchieren. Und so kam ich auf die Seiten vom „Förderverein Petersgrätz„.
Ich nahm Kontakt auf. Und eine sehr freundliche Dame meldete sich bei mir – Frau Hannelore Zanke.
Wir telefonierten fast 1 Stunde und sie konnte mir so viel erzählen.
Immer wieder kleine Puzzleteile in der Geschichte, die irgendwann ein Bild ergeben.
Frau Zanke bot mir an, dass sie uns eine Dolmetscherin an die Seite stellt.
Johanna, eine Lehrerin.
Sie organisierte, dass der Pfarrer und der „ Dorferneuerungsverein“ vor Ort sein werden.
Ich freute mich so sehr und war schon ganz aufgeregt.
So reisten mein Mann, meine Schwester und ich am 9.10.23 nach Oppeln. Wir verbrachten dort einen sehr schönen Tag. Lasen bei einem Glas Wein nochmal die Geschichte von Petersgrätz.
Am nächsten Tag waren wir um 15 Uhr mit Johanna verabredet.
Das Ortseingangsschild „Petersgrätz/ Piōtrowka“ führte uns in das wie beschrieben, schnurgerade Dorf.
An der Kirche trafen wir uns mit Johanna. Wir waren uns auf Anhieb sympathisch.
Der Pfarrer begrüßte uns herzlich und lies uns in das Taufbuch schauen.
Ich bekomme jetzt noch Gänsehaut. Es war ein besonderer Moment den Namen meines Großvaters Friedrich Utikal geb am 14.08.1905 im Taufbuch zu lesen.
Auch weitere Familienmitglieder erschienen dort.
Wir besichtigten anschließend die Kirche.
Schön der Gedanke, dass hier unsere Ahnen ein und aus gegangen sind.
Der Pfarrer zeigte uns noch den alten Taufsockel, welcher außerhalb der Kirche steht.
Wir unterhielten uns noch ein Weilchen und Johanna übersetzte für uns.
Nach einer herzlichen Verabschiedung wurden wir sehr herzlich,mit Kaffee und echtem schlesischem Mohn und Streuselkuchen , im Dorfgründerverein begrüßt.
Frau Nowak und Frau Stys hatten schon viele Unterlagen auf dem Tisch.
Nun begann ein reger Austausch. Wir erfuhren einiges über das Dorf und die Utikals
Das Wohnhaus steht leider nicht mehr mit der Hausnummer „14“.
Aber wir bekamen ein Foto gezeigt, wie es mal aussah. Die jetzigen Bewohner haben es am Tag unseres Treffens noch abgegeben. Ein großes Danke dafür.
Wir redeten und lachten viel. Irgendwie hatten wir das Gefühl Teil einer großen Familie zu sein. Frau Nowak war sehr eifrig. Eine tolle Arbeit, die sie jetzt schon seit 20 Jahren macht, so wie sie sagt.
Ich freute mich, dass ich nicht nur Informationen bekam, sondern auch geben konnte.
So hatte ich einige Geburts und Sterbedaten, die sie zur Vervollständigung in ihre Aufzeichnungen schrieb.
Frau Nowak sagte „Wer zu uns kommt, wird auch an die Häuser der gesuchten Familien gebracht“.
Der Kaffee und der Kuchen schmeckten lecker. Wir fühlten uns sehr wohl und hatten das Gefühl willkommen zu sein.
Ich glaube, dass unsere Vorfahren genau dieselbe Herzlichkeit und Humor hatten.
Wir schauten uns noch das Museum, mit vielen alten Fotos und Gegenständen an. Natürlich erhielten wir auch da Geschichten dazu.
Johanna hat so wunderbar, in einem fast akzentfreiem Deutsch übersetzt. Auch an sie ein großes Danke!
Wir trugen uns noch in das Gästebuch ein.
Wir verabschiedeten uns herzlich. Irgendwann werden wir Petersgrätz bestimmt nochmal besuchen.
Jetzt hat sich aus den Puzzelteilen ein Bild ergeben.
Ein schönes Gefühl mehr über seine Wurzeln zu wissen.
Einen großen Dank an den Förderverein und an Frau Zanke, die uns dies ermöglicht haben.
Viele Grüße aus Görlitz von Manuela, Kathrin und Oliver.