Förderverein Petersgrätz e.V.
Der Verein zur Förderung der deutsch-polnischen Verständigung und Zusammenarbeit mit Piotrówka (Petersgrätz) ist ein ziemlich „junger“ Verein. Er bildete sich am 2. Juli 2005 in Nürnberg, am Rande des Deutschlandtreffens der Schlesier. Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke und ist überregional tätig. Der Vereinssitz ist Oberschweinbach im Landkreis Fürstenfeldbruck.
Seine Ziele beschreibt der Vereinsname schon ziemlich genau. Vor allem sollen Schulpartnerschaften gepflegt, Partnerschaft mit der jetzigen polnischen Gemeinde gesucht, die Heimatgeschichte von Petersgrätz und deren Muttergemeinden in Schlesien und Böhmen erforscht, Kontakt zu ehemaligen Bewohnern und deren Nachkommen gesucht, Zeitzeugenberichte gesammelt und Unterstützung bei der Erhaltung vorhandener Denkmale gegeben werden.
Der Ort Petersgrätz (Piotrowka) ist ein besonderer in Oberschlesien. Er wurde 1832 von den evangelischen Böhmischen Brüdern gegründet. Ab 1740 ließ der preußische König Friedrich der Große evangelische Glaubensflüchtlinge in sein Land. Anfänglich siedelten sie in Hussinetz bei Strehlen. Später 1752 wurde Friedrichsgrätz (Grodziec) in Oberschlesien gegründet. Als auch dort der Platz knapp wurde, kam Petersgrätz als „Filiale“ dazu. 60 Kolonisten machten das Land urbar, bauten Häuser und Wege. Im Jahre 1891 wurde Petersgrätz eine eigenständige Gemeinde und 1892 wurde die evangelische Kirche gebaut. Bei der Volksabstimmung am 20. März 1921 votierten 79% der Einwohner für den Verbleib bei Deutschland. 1932 waren von den 1535 Einwohnern 1225 evangelisch. Inzwischen hatten sich also auch viele katholische Bürger im Ort niedergelassen. In der Kirche gab es Gottesdienste in tschechischer, deutscher und polnischer Sprache. Am 21. Januar 1945 marschierte die russische Armee in Petersgrätz ein. Ab 26. März kommen polnische Verwaltungsmitarbeiter in den Ort und ein Piotr Dada übernimmt die Aufgabe des Dorfschulzen. Er spielt in der Anfangszeit eine üble Rolle. Während der Vertreibung der Deutschen gingen einige polnische Einwohner und Verwaltungskräfte besonders brutal gegen die Evangelischen vor. Einzelne wurden ermordet, kamen in ein Gefangenenlager für Deutsche in Blottnitz (Błotnica Strzelecka), wurden gefoltert. Einige Nachkommen der böhmischen Brüder wurden in die Tschechoslowakei „ausgesiedelt“. Die Häuser der vertriebenen Bevölkerung nahmen Polen aus Polazycze, was heute zur Ukraine (Rodatychi) gehört, in Besitz.
Der Förderverein mit seinen momentan deutschlandweit 30 Mitgliedern fand nach seiner Gründung sofort einen guten Draht zu den Verantwortlichen der Gemeinde Himmelwitz, dem Ortspfarrer und seinen Bewohnern. Einige Gründungsmitglieder des Vereines bereisten schon vor 2005 den Ort ihrer Vorfahren und stellten die ersten Verbindungen her. Mit einigen Spendenaktionen konnte im Dorf viel erreicht werden. Ein Denkmal für die Dorfgründer, Gedenktafeln für den ersten Pfarrer in Petersgrätz sowie für die Geschichte des Friedhofes wurden realisiert. 2015 wurde das Kriegerdenkmal im Ort erneuert und wird übers Jahr von einem Ortsverein gepflegt. Es gibt starke Verbindungen zur örtlichen Schule, die in Bayern an Schülerwettbewerben teilnimmt und schon oft auf dem Siegertreppchen stand. Bei den Preisübergaben wurden die Schüler von Mitgliedern des Fördervereins betreut. Bücher und Lernunterlagen stellten die Mitglieder des Vereines für den Deutschunterricht zur Verfügung, für den Kindergarten gab es Spielzeug. Der Ortserneuerungsverein von Petersgrätz wird finanziell und materiell unterstützt. Für den Ortspfarrer ist der Förderverein ein treuer Partner bei vielen Projekten in seiner Kirche. Ob Innenrenovierung, Heizungseinbau, Orgelerneuerung, bisher konnte der Verein immer helfen. Der Pfarrer besitzt noch ein Taufbuch der Jahre 1881 bis August 1935 in der schönen altdeutschen Schrift. Dieses transkribierten zwei Mitglieder des Fördervereins in die heute gebräuchliche Schrift. So ist bei konkreten Anfragen von Nachfahren der ehemaligen Dorfbewohner oder Familienforschern auch eine Auskunft möglich. Die Gemeinde honoriert die Arbeit des FV mit Einladungen zum jährlichen Erntedankfest. Dort sind die Mitglieder gern gesehene Ehrengäste.
2019 übergab der langjährige Vorsitzende des Vereins die Verantwortung in jüngere Hände. Dr. Daniel Franzkowski leitet nun die Geschicke des Fördervereins. Mit seinen polnischen und tschechischen Sprachkenntnissen bringt er die besten Voraussetzungen mit, neue Wege zu gehen und neue Ideen zu verwirklichen. Neuen interessierte Mitglieder heißt der Förderverein ausdrücklich willkommen. Die Altersstruktur hat sich doch stark erhöht. Inzwischen entstehen die ersten Verbindungen nach Böhmen, in die Herkunftsorte der damaligen Glaubensflüchtlinge. Gibt es unter Ihnen vielleicht auch ein paar ursprünglich „Böhmische“? Vielleicht kennen Sie jemanden mit diesen Namen oder Sie sind selbst darunter? Sterzik, Horak, Kratochwil, Bredel, Dlugosch, Skrowny, Kaudelka, Giesa, Deditius, Neveczerzel, Standera, Pega, Utikal, Duschek, Nowak, Scherne, Radimerski, Sezik, Kautetzki, Franz, Spura, Karliczek, Foltin, Krassni, Neumann, Swoboda, Gatzka, Adamira, Malli, Obstroj, Richter, Krassa, Horak, Jellen, Mühlheim, Glensky, Kleinert, Prohaska, Schreiber, Malik, Viertel. Das sind die Nachnamen der ersten Siedler des Ortes. Bestimmt gibt es geschichtsinteressierte Mitmenschen, die uns unterstützen wollen. Diese besondere Geschichte begeistert und braucht Sie!
Die Ortsgeschichte und die seines ersten Pfarrers wurde durch zwei vom Förderverein herausgegebene Bücher dokumentiert. 2009 erschien „Petersgrätz“ und 2012 „Pastor Peter Schikora“, eine Biographie des Dorfgründers und ersten Pfarrers von Petersgrätz. Letzterer Titel wurde in polnischer, deutscher und tschechischer Sprache (in einem Band) veröffentlicht.